Auf Umwegen nach Rumänien - Reisebericht Sommerurlaub 2016

Die Eisenbahn außerhalb der angestammten Jagdgebiete
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Jens Naber
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Auf Umwegen nach Rumänien - Reisebericht Sommerurlaub 2016

Beitrag von Jens Naber » 06.03.2017 20:34

Hallo zusammen!

Ende August standen zwei Wochen „Bahn pur“ mit den Gebrüdern Duffner und Andreas an, die in eine Woche Interrail und eine Woche Fotografie aufgeteilt waren. Favorit für die Fotowoche war klar Rumänien, wir hatten uns im Vorfeld aber als Schlechtwetteralternative auch mit der Côte d'Azur und Kroatien auseinander gesetzt, was um diese Jahreszeit beides eine relativ sichere Bank für gutes Wetter sein sollte.

Der Titel verrät ja schon, wo wir zum Fotografieren letztendlich gelandet sind – aber der Reihe nach!

Den kompletten Reisebericht habe ich in sechs Teile gegliedert, wobei sich dieser Teil mit der Woche Interrail beschäftigt und die Bilder daher meist eher dokumentarischen Charakter haben, da sie teilweise „nur“ auf Bahnhöfen beim Umsteigen entstanden – hier steht das Erlebte im Vordergrund. Daher gibt es viel Text, was sich in den folgenden Teilen dann umkehren wird.

Los geht’s, viel Spaß!
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Montag, 22. August 2016:

Erstes Etappenziel der Interrail-Reise war Alp-Grüm am Bernina-Pass, das wir über Umwege erreichen wollten, die Fahrtroute lautete wie folgt:

RB 38815 - - Neulußheim 07:12 Uhr – Waghäusel 07:16 Uhr [111 + n-Wagen]

Bild

Ja, in Waghäusel war nach nur vier Minuten Fahrtzeit und fünf Kilometern tatsächlich schon Schluss, ja, das da drüben war mein Zug und nein, der steht da nicht planmäßig - die Anzeige signalisiert das ja schon...
Die Tour fing super an, aufgrund eines liegengebliebenen Güterzuges war in Waghäusel bis auf weiteres Endstation meiner Regionalbahn, das Erreichen des Intercitys Richtung Ulm in Karlsruhe rückte ins Unmögliche. Ganze fünf Kilometer liefen also planmäßig! Da war meine Laune schon mal im Keller, nachdem in den Jahren zuvor immer „nur“ die Rückreise schief ging, drohte das dieses Mal schon bei der Anfahrt.

Zum Glück konnte sich mein Vater eine Stunde von der Arbeit wegstehlen und mich im Eiltempo nach Bruchsal fahren, sodass der IC 2265 dort in letzter Sekunde noch erreicht und die Fahrtroute wie geplant fortgesetzt werden konnte. In Ulm traf ich auf Martin, Markus und Andreas, die bereits seit einem Tag unterwegs waren. Der restliche Tag lief mit folgender Route dann ohne größeren Aufregungen, das war auch gut so, denn die Aktion am frühen Morgen hat gereicht:

IC 2265 - - Bruchsal 08:19 Uhr – Ulm 09:53 Uhr [101 + IC-Garnitur]
IRE 4207 - - Ulm 10:12 Uhr – Lindau 11:53 Uhr [218 + n-Wagen]
REX 5565 - - Lindau 11:57 Uhr – Bregenz 12:09 Uhr [ÖBB E-Talent]
S 3 - - Bregenz 12:14 – St. Margrethen [ÖBB E-Talent]
RE 4971 - - St. Margrethen 12:47 Uhr – Chur 13:48 Uhr [SBB Flirt]
RE 1145 - - Chur 13:58 Uhr – St. Moritz 16:03 Uhr [RhB Ge 4/4 III + Wagen]
R 1649 - - St. Moritz 16:45 Uhr – Alp Grüm 17:40 Uhr [RhB ABe 4/4 III + Wagen]

Alp Grüm besteht eigentlich nur aus einem Bahnhof, der auch gleichzeitig unser Hotel für die nächste Nacht war und liegt herrlich abgeschieden in den Bergen, die Bahn ist das einzige Verkehrsmittel, Autos gibt es keine – Handyempfang übrigens auch nicht. Dafür ist es landschaftlich einfach nur herrlich und es stand in der nächsten halben Stunde noch ein Zug nach St. Moritz an, der noch bei Sonne gehen könnte. Während sich Martin schon mal um die Zimmer kümmerte und Andreas nach einiger Zeit die Puste ausging, kämpften Markus und Ich uns in zügigem Tempo über steile Wege zu einem zuvor aus dem Zug erspähten Motiv, das wir – völlig außer Atem – nur wenige Augenblicke vor der Zugdurchfahrt erreichten:

Bild

Kurz danach verschwand die Sonne hinter den Bergen und wir konnten zufrieden sowie deutlich gemütlicher den Rückweg in unser Hotel antreten, wo meine Nase infolge eines Käsefondues (Käse schmeckt mir nicht und ich kann es auch nicht riechen) ziemlich leiden musste...

Dienstag, 23. August 2016:

Rund um Alp Grüm gibt es einige Motive, weshalb wir uns den Wecker auf 07:00 Uhr stellten und zufrieden in einen strahlend blauen Himmel blickten. Wir wussten zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass der Blick in einen wolkenlosen Himmel, von einem einzigen Tag abgesehen, die nächsten zwei Wochen zur Gewohnheit werden sollte. Für den R 4609 Pontresina – Tirano hatten wir uns rechtzeitig aufgebaut:

Bild

Eine Stunde später stand die Sonne dann auch hoch genug, um den Bahnhofsbereich für den R 1613 von St. Moritz nach Tirano auszuleuchten:

Bild

Da wir bislang nur Allegras gesehen hatten, wir am Tag zuvor aber mit zwei ABe III angereist waren, konnten wir uns berechtigte Hoffnung machen, dass aus Italien was „Altes“ unterwegs war – und tatsächlich, der R 1632 nach St. Moritz sollte uns nicht enttäuschen:

Bild

Rechts oben ist nochmal der Bahnhof von Alp Grüm zu erkennen, den der Zug nach einer steilen 180 Grad Kurve erreichen wird.

Für uns wurde es nun auch langsam Zeit, die Koffer zu packen, denn wir hatten noch eine ordentliche Strecke vor, das nächste Etappenziel lag in Venedig.

R 1617 - - Alp Grüm 09:42 Uhr – Tirano 11:00 Uhr [RhB Allegra + Wagen]
R 2567 - - Tirano 12:08 Uhr – Milano Centrale 14:40 Uhr
ES 9727 - - Milano Centrale 15:05 Uhr – Venezia Santa Lucia 17:40 Uhr

Nach Bezug unseres Hotels, fuhren wir mit dem Wasserbus nach Lido, wo wir uns bereits vorab in einem netten Restaurant ein Plätzchen reserviert hatten. Der Kontrast zwischen der ruhigen Alm am Morgen und dem pulsierenden sowie von Touristen überlaufenen Venedig war der wohl krasseste Kontrast der gesamten Tour. Nach der Rückfahrt und einem überteuerten Eis fielen wir recht schnell in die Betten, aus denen wir dem permanenten Dröhnen der Wasserbusse lauschen konnten – Zimmer mit Blick auf den Canale Grande hat also nicht nur Vorteile...


Mittwoch, 24. August 2016:

Wir wachten wieder bei strahlend blauem Himmel auf, der Ausblick aus dem Zimmer war einfach nett, sodass ich mal die Kamera zückte:

Bild

Ja, ich weiß, die Sonne stand nicht optimal, klassische Touristenbilder sind wohl einfach nicht so meine Stärke ;)

Ansonsten war der Mittwoch ein reiner Fahrtag, an dem keine Bahnbilder entstanden.

R 2207 - - Venezia Santa Lucia 09:41 Uhr – Venezia Mestre 09:51 Uhr
ES 9707 - - Venezia Mestre 10:20 Uhr – Trieste Centrale 12:08 Uhr

In Trieste hatten wir das nächste Hotel gebucht, sodass wir unsere Koffer zwischenlagern konnten und nun ohne störendes Gepäck weiterreisen konnte. Leider gab es auf der historischen Standsteilbahn nach Villa Opicina wohl in den Tagen davor einen schweren Unfall, wodurch die Bahn außer Betrieb war. Wir mussten daher auf das Taxi umsteigen, um uns in den italienisch-slowenischen Grenzbahnhof fahren zu lassen.

R 1749 - - Villa Opicina 13:24 Uhr – Postojna 14:20 Uhr

Die auf dieser Relation eingesetzten E-Desiros der slownischen Staatsbahn sind in unseren Augen eine Frechheit, denn die Vollreklame ruiniert jeden Blick ins Freie, man erkennt so gut wie gar nichts. Wir machten daher in Postojna eine Pause und hofften eine Stunde später auf freie Fenster – was sich leider nicht erfüllte, statt gelb war die Reklame nun schwarz, auch nicht besser.

R 2653 - - Postojna 15:19 Uhr – Ljubljana 16:24 Uhr
IC 509 - - Ljubljana 17:45 Uhr – Koper 20:04 Uhr

Die Fahrt über die Koperrampe kann ich dagegen jedem nur empfehlen, wobei wir von der Zeitlage auch noch so genial fuhren, dass wir vom höchsten Punkt der Rampe einen wunderschönen Blick aus den Übersetzfenstern der slowenischen Schnellzugwagen auf den Sonnenuntergang und das Meer genießen konnten – so macht Bahnfahren einfach Spaß!

Für die restlichen 20 Kilometer zurück nach Trieste wählten wir abermals das Taxi, um dort den Abend in einem bayrischen Lokal ausklingen zu lassen. Der Besitzer war scheinbar von unserer Anwesenheit und der Tatsache, dass wir Deutsche sind, so entzückt, dass er uns mit riesigen Portionen und Unmengen an Beilagen mästen wollte. Letztendlich mussten wir irgendwann alle kapitulieren und fielen ziemlich überfressen in unsere Betten – allerdings nicht, ohne noch einen „Absacker“ an der Hotelbar zu genießen, das Ganze musste ja auch verdaut werden... ;)

Donnerstag, 25. August 2016:

Um nicht Mitten in der Nacht losfahren zu müssen, wählten wir an diesem Tag das einzige Mal den Bus, wobei sich die planmäßige Fahrtzeit von knapp zwei Stunden aufgrund langwieriger Grenzkontrollen an der kroatischen Grenze deutlich verlängerte:

Bus - - Trieste 08:30 Uhr – Rijeka 10:25 Uhr
D 482 - - Rijeka 11:55 Uhr – Pivka 13:38 Uhr
R 2606 - - Pivka 14:34 Uhr – Sezana 15:05 Uhr
R 4216 - - Sezana 16:40 Uhr – Nova Gorica 17:32 Uhr [ZSSK 813er]

Wir waren gerade am Beratschlagen, was wir mit den restlichen Sonnenstunden des Abends noch anfangen wollen, da wurde paar Gleise weiter hinten eine slowenische 664 vor einem Güterzug unter beeindruckender Geräuschentwicklung angeschmissen. Da keimte bei uns natürlich schnell die Hoffnung auf, dass sich der Güterzug zeitnah in Bewegung setzen könnte, aber hier wurde dann doch unsere Geduld geprüft. Die Lok tuckerte fast eine Stunde im Leerlauf vor sich, bis dann endlich Bewegung in die Sache kam. Mit ohrenbetäubendem Lärm beschleunigte 664 103 ihren langen Güterzug aus dem slowenischen Bahnhof von Nova Gorica:

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Markus und Ich eilten im Anschluss noch schnell auf die andere Seite des Bahnhofes, um dort ein Beweisbildchen des R 601 aus Jesenice aufzunehmen, der mit einem Fiat-Triebwagen in landestypischer Lackierung (= graffitiert) angefahren kam:

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Freitag, 26. August 2016:

Der Tag begann sehr früh, denn nur ein Mal pro Tag verkehrt ab Nova Gorica ein Autozug, der einen Großteil der Wocheinerbahn unter die Räder nimmt, alle anderen Autozüge verkehren nur auf dem kurzen Stück durch den langen Tunnel der Strecke. Das frühe Aufstehen sollte sich aber lohnen, denn nicht nur der freundliche Zugbegleiter beschaffte uns ein kostenloses 1. Klasse Upgrade, als er merkte, dass Andreas bei der DB arbeitet, sondern die vorgespannte 644 der Sz brachte das Tal auch ordentlich zum Beben.

Autozug - - Nova Gorica 06:30 Uhr - Bohinjska Bistrica 08:10 Uhr

In Bohinjska Bistrica war Endstation und beim Warten auf unseren Regionalzug konnten wir unsere Zuglok noch beim Umsetzen beobachten, während der Autozug schon wieder für die Rückfahrt beladen wurde:

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Trotz Frontschatten wollten wir auch noch unseren Zug bei der Einfahrt aufnehmen, der mit zwei sauberen (!!) 813er auch pünktlich in Bahnhof rollte:

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Wir wunderten uns zunächst, warum alle Fahrgäste ausstiegen, wurden aber kurz darauf aufgeklärt: Es herrschte Schienenersatzverkehr, in den nächsten paar Minuten sollte ein Bus auf dem Bahnhofsvorplatz erscheinen. Dies tat er dann auch, doch der Reisebus reichte für die Anzahl der Passagiere leider nicht aus. Gerade als wir einsteigen wollten (unser Gepäck hatten wir bereits im Kofferraum verstaut), wurden wir durch wildes Fuchteln des Fahrers davon abgehalten und in einen zweiten Bus, der zwischenzeitlich aufgetaucht war, umverfrachtet. Das Dumme war nur, dass sich unser Gepäck immer noch im ersten Bus befand und wir von einem der Busfahrer vom Umladen abgehalten wurden, da „unser“ Bus scheinbar keinen Kofferraum hatte.

Wir hatten ein ziemlich ungutes Gefühl, da wir auf der rasanten Fahrt den Bus mit unserem Gepäck völlig aus den Augen verloren. Unsere zwei Busfahrer, wovon einer hauptsächlich damit beschäftigt war, die offensichtlich defekte Tür zuzuhalten, interessierte das natürlich herzlich wenig. Letztendlich waren unsere Sorgen zum Glück unbegründet, der zweite Bus wählte scheinbar eine andere Route als wir und kam in etwa zeitgleich mit uns in Bled an, wo wir nicht nur unsere Koffer wieder in Empfang nehmen, sondern auch wieder auf die Bahn umsteigen konnten.

Der restliche Tag war dann eher unspektakulär:

R 4208 - - Bled Jezero 09:19 Uhr – Jesenice 09:36 Uhr
EC 212 - - Jesenice 10:17 Uhr – Villach 10:58 Uhr
RJ 536 - - Villach 11:14 Uhr – Wiener Neustadt 15:03 Uhr
REX 7141 - - Wiener Neustadt 15:31 Uhr – Sopron 16:00 Uhr
IC 943 - - Sopron 16:21 Uhr – Györ 17:19 Uhr

In Györ wählten wir das noch vom Vorjahr bekannte Hotel, wo wir den Abend mit wunderbarem Abendessen und weniger wunderbarer, ungarischer Volksmusik ausklingen lassen konnten.

Samstag, 27. August 2016:

Nochmal ein reiner Fahrtag, wir wollten das im Vorjahr fotografierte Dieselspektakel am Balaton diesmal als Fahrgast erleben:

R 9200 - - Györ 08:40 – Celldömölk 09:53 Uhr [418 + Schlierenwagen]
D 19807 - - Celldömölk 10:00 Uhr – Keszthely 11:13 Uhr [Ludmilla + Schlieren]
EX 865 - - Keszthely 11:31 Uhr – Szekesfehervar 13:36 [431 + y-Wagen]
E 19606 - - Szekesfehervar 15:56 Uhr – Balatonfüred 16:59 Uhr [418 + Schlieren]
D 1973 - - Balatonfüred 17:40 Uhr – Budapest 19:59 Uhr [Taigatrommel + y-Wagen]

Sonntag, 28. August 2016:

Damit war der erste Teil des Urlaubs bereits vorüber, im zweiten Teil wollten wir dann mit einem Mietwagen fotografisch aktiv werden. Aufgrund einer genialen Wetterprognose war die Wahl zwischenzeitlich auf unseren Favoriten Rumänien gefallen, sodass wir am Sonntag per Zug gen Südosten aufbrachen:

IC 75 - - Budapest 09:10 Uhr – Arad 14:21 Uhr

In Arad hatten wir planmäßig zwei Stunden Aufenthalt, den wir mit dem Fotografieren des dortigen Straßenbahnverkehrs, über dessen Vielseitigkeit wir uns im Vorfeld schon ein bisschen informiert hatten, verbringen wollten.

Leider war uns bis zu diesem Tag die bei der rumänischen Staatsbahn CFR ungeschriebene Regel „kein Fernzug unter 30 Minuten Verspätung“ noch nicht bekannt. Bis Curtici, dem ersten rumänischen Bahnhof hinter der Grenze, waren wir sehr pünktlich unterwegs, aber ab dort ging erst mal nichts mehr. Woran es genau hing, wusste wohl auch niemand, der Lokwechsel auf die rumänische 40er klappte problemlos. Die rumänische Gelassenheit, wir sollten sie in der folgenden Woche noch häufiger erleben, begegnete uns hier das erste Mal: auch 30 Minuten nach der planmäßigen Abfahrtszeit standen wir noch an unveränderter Stelle und aus der Ruhe brachte das niemanden, im Gegenteil, Zugbegleiter und Lokführer unterhielten sich in aller Seelenruhe auf dem Bahnsteig, Fahrgäste schlenderten gemütlich über den Bahnsteig.

Irgendwann ging dann doch mal noch ein Rucken durch den Zug und wir schlichen in sehr gemütlichem Tempo gen Arad, das wir mit 45 Minuten Verspätung erreichten. Der Bahnhof wurde vor wenigen Jahren komplett modernisiert und erinnert sehr an einen westlichen Großstadtbahnhof, die EU-Flaggen sind allgegenwärtig. Das war mal ein unerwartet moderner Empfang in diesem für uns neuen Land!

Durch die Verspätung schrumpfte natürlich das Zeitfenster für das Fotografieren der Straßenbahnen, sodass wir uns nur noch in Bahnhofsnähe herumtrieben.

Als einer der ersten Wagen fuhr uns ein aus Essen importierter M8S auf der Linie 7 vor die Kameras:

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Dieser Bahn folgte ein ehemaliger Hängerzug der OEG, der zuvor im Raum Mannheim/Heidelberg (und davor in Bielefeld) im Einsatz war, als Linie 11:

Bild

Stellvertretend für die zahlreichen GT 6 zeige ich mal noch den Wagen 37 als Linie 15:

Bild

Auch, wenn ich eigentlich nicht der große Straßenbahnfreund bin, muss ich sagen, dass dieser bunte Fuhrpark wirklich Spaß macht, sodass die Abfahrtszeit unseres Zuges fast schon zu schnell anstand:

R 2608 - - Arad 16:25 Uhr – Timisoara Nord 17:47 Uhr

Bei dieser Fahrt kamen wir alle so ziemlich erstmals in einem Zug an unsere Grenzen, was die Hygiene in Zügen betrifft. Im Einsatz waren zwei völlig abgewirtschaftete und extrem schmuddelige Wagen, die ursprüngliche Farbe des Sitzbezuges ließ sich nur noch erahnen. Die stehende Hitze in den Wagen und unzählige Mitreisende – ein weiterer Wagen hätte nicht geschadet – machten das Ganze auch nicht besser. So richtig vorangehen wollte es leider auch nicht, aufgrund unzähliger Fahrtunterbrechungen bauten wir bis Timisoara fast eine Stunde Verspätung auf.

Für 19:00 Uhr hatten wir unseren Mietwagen bestellt, der uns – ebenfalls mit typisch rumänischer Verspätung – von einem freundlichen Mitarbeiter von „Klass-Wagen“ an einer Bushaltestelle in der Stadtmitte übergeben wurde. Unsere Befürchtungen, dass uns ein abgeranzter Dacia erwarten würde, bewahrheiteten sich zum Glück nicht, ein neuer Ford Focus wurde für die nächsten Tage unser Begleiter – mit dem wir in den nächsten Tagen aufgrund seines Baujahres und äußerlich makellosen Zustandes ziemlich auffallen sollten.

Mit diesen ersten Eindrücken aus Rumänien holperten wir über unzählige Schlaglöcher in unser Hotel am Stadtrand. Praktischerweise befand sich direkt gegenüber ein nettes Restaurant, in dem wir einen mehr als üppigen Grillteller samt Dessert und Bier für umgerechnet nicht mal 5 Euro serviert bekamen, das Preis-Leistungsverhältnis ist für unsere Verhältnisse wirklich einfach der Wahnsinn, man kommt sich vor wie Krösus!

Mit vollen Bäuchen schlurften wir zurück auf die Zimmer, wo wir den nächsten Tag nochmal grob durchgehen wollten, auf dem Programm standen vor allem die Regiotrans-Linien um Timisoara.

Doch dazu dann demnächst mehr, denn hier unterbreche ich dann mal den ersten Teil des Reiseberichts und hoffe, dass ich die Woche Interrail ein wenig näher bringen konnte. Im nächsten Teil folgen dann auch mal Streckenaufnahmen [und weniger Text] ;-)

Viele Grüße, Jens

Jens Naber
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Re: Auf Umwegen nach Rumänien - Reisebericht Sommerurlaub 2016

Beitrag von Jens Naber » 13.03.2017 21:15

Hallo zusammen! :wink:

Weiter geht es mit dem zweiten Teil, der sich mit unserem ersten "richtigen" Fototag in Rumänien beschäftigt. Vorneweg, der Beitrag ist sehr Caravelle-lastig, in den folgenden Teilen nimmt die Abwechslung bei den Fahrzeugen dann weiter zu.

Jetzt aber zunächst viel Spaß mit diesem Teil rund um Timisoara!
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Montag, 29. August 2016:

Die Vorhersage sollte sich bewahrheiten, sodass wir morgens um 06:00 Uhr in einen wolkenlosen Himmel blickten – da wurden wir natürlich schnell munter. Nordwestlich von Timisoara betreibt die private Regiotrans ein noch relativ weit verzweigtes Netz an Nebenbahnen, auf denen ausschließlich die gebraucht aus Frankreich beschafften Triebwagen der „Caravelle“-Serie aus den zum Einsatz kommen.

Wir suchten uns zunächst bei Tomnaticu ein Plätzchen, was allerdings leichter gesagt als getan war, denn die Strecken sind extrem zugekrautet. Nach etwas Suche fanden wir eine Möglichkeit, wo die Strecke wenigstens in der Sonne war, die Stunde Zeitumstellung machte sich hier erstmals bemerkbar. Unter freundlichem Pfeifen des Lokführers rumpelte der R 14388 aus Cenad pünktlich an uns vorbei:

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Der miserable Zustand der Strecken lässt vielerorts kaum mehr als Schrittgeschwindigkeit zu, sodass man die Züge fast schon mit dem Fahrrad verfolgen kann – stellenweise sogar zu Fuß... Trotz ebenfalls miserabler Landstraßen waren wir in Satu Nou sogar so zeitig, dass wir zunächst noch den R 14318 aus Nerau mitnehmen konnten. Hier halten tatsächlich noch Züge, obwohl ein Bahnsteig kaum mehr vorhanden ist. Niederflur und Barrierefreiheit? Die Menschen hier haben wohl ganz andere Sorgen...:

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Der oben abgebildete Triebwagen wird über Periam nach Timisoara fahren, während die Züge über Biled an einem eigenen Bahnsteig etwa 100 Meter entfernt zum Halten kommen. Das Bahnnetz ist hier anfangs ziemlich verwirrend, aber mit der Zeit bekommt man den Dreh raus:

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Wir hefteten uns abermals an dessen Fersen und hatten ihn nach wenigen Metern bereits wieder überholt. Für die fünf Kilometer nach Sandra benötigt der Zug geschlagene 15 Minuten:

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Im Bahnhof von Biled hatten wir „unseren“ Triebwagen ebenfalls schon längst wieder eingeholt und standen für die Ausfahrt parat. Da hier ein einzelner Bahnmitarbeiter für das Bedienen der Signale, einen defekten Bahnübergang (als Ersatz dienten zwei alte Bauzäune, die er mit den Worten „Barriera defecta“ pflichtbewusst auf die Straße stellte) und für das Abfertigen des Zuges zuständig war, dauerte es eine ganze Weile, bis die „Caravelle“ aus dem Bahnhof räuchern konnte:

Bild

Bei Becicherecu Mic sind nicht mal mehr die Schienen erkennbar...:

Bild

Und auch bei Prescaretu Mic war nochmal ein Bild möglich:

Bild

Auf quasi allen Strecken wird nach mehr oder weniger dem gleichen Muster gefahren: Ein Zug morgens, ein Zug mittags, ein bis zwei Züge abends. Aus diesem Grund hatten wir nun zunächst mal reichlich Zeit, nutzten das aber, um dem R 14320 nach Nerau entgegen zu fahren. Die ersten zwei Bilder dieses Zuges finde ich nicht so zeigenswert, bei Lovrin passte es dann aber. Unter der für diese Fahrzeuge typischen Rußentwicklung beschleunigte der rund 50 Jahre alte Triebwagen aus dem Bahnhof:

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Lovrin ist zweifelsohne einer der Knotenbahnhöfe im Banat, sodass kurze Zeit später schon der nächste Zug auf dem Zettel stand. Als R 14390 aus Sannicolau Mare begegnete uns die erste Reko-Caravelle dieses Urlaubs:

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In den 80er Jahren bescherte die SNCF einigen X 4300 ein umfangreiches Modernisierungsprogramm im Innenraum und verband dies auch gleich mit neuen „Köpfen“, die dem Lokführer ein deutlich angenehmeres Arbeiten ermöglichten. Gelungen finde ich das Design auf alle Fälle, obwohl die nicht modernisierten Vertreter natürlich höher auf der Wunschliste standen.

Diesem Triebwagen fuhren wir dann auch wieder hinterher, bei Sandra entstand die nächste Aufnahme:

Bild

An einem unbeschrankten Bahnübergang bei Biled standen wir für die „Reko“ erneut bereit:

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Hinter Biled befindet sich eine mehrere Kilometer lange Gerade, die zusammen mit der flachen Landschaft nicht gerade für spektakuläre Motive sorgt. Wir drückten bei Becicherecu Mic trotzdem nochmal auf den Auslöser, als wir bemerkten, dass wir wieder einen nicht unerheblichen Vorsprung rausgefahren hatten:

Bild

In Dudeștii Noi machten wir dann die erste und auch einzige unerfreuliche Begegnung mit einem Bahnmitarbeiter in Rumänien, der Rest war durch die Bank weg außerordentlich freundlich! Selbiger hatte aber scheinbar ein Problem mit dem Fotografieren und ließ uns dies auch durch permanentes Schreien in unsere Richtung lautstark wissen. Wir verstanden kein Wort und waren froh, als der Triebwagen um die Ecke geschlichen kam – und so schnell wie wir da waren, waren wir auch wieder weg :-)

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Da wir bis dato noch nichts im Magen hatte, musste jetzt doch mal eine Zwangspause sein und wir steuerten einen kleinen Supermarkt an, um unsere Vorräte wieder aufzufüllen – gar nicht so leicht, etwas von der Frischetheke zu bestellen, wenn keine erlernte Fremdsprache weiter hilft...

Für den R 14319 nach Nerau standen wir dann aber rechtzeitig im Haltepunkt von Varias bereit:

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Wir wechselten wieder nach Lovrin, denn dort stand zeitnah der R 14389 nach Cenad an, den wir kurz vor dem Bahnhof fotografieren wollten. Leider überraschte uns der Zug 10 Minuten vor der Planzeit, sodass nötige Unkrautarbeiten nicht mehr abgeschlossen werden konnten – ich habe am PC etwas nachgeholfen:

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Selbst der Fahrdienstleiter von Lovrin war wohl über das frühe Auftauchen des Triebwagens überrascht, denn er ließ ihn zunächst noch in der Einfahrt vor der oben bereits gezeigten Signalbrücke stehen.

20 Minuten später hatte es dann auch der bereits in Varias fotografierte R 14389 nach Lovrin geschafft:

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Neben den zahlreichen Regiotrans-Linien gibt es in dieser Ecke noch eine Strecke, die in Händen der Staatsbahn CFR liegt. Die Rede ist von der Strecke von Timisoara nach Jimbolia an der serbischen Grenze, welche nachmittags eine verdächtige Berufsverkehr-Leistung bietet, die in den vergangenen Jahren mit Ferkeltaxen gefahren wurde. Dass hier die CFR für den Verkehr zuständig ist, merkten wir schnell, denn zur Planzeit des R 9591 lag der Bahnhof noch in tiefem Schlaf. Erst 15 Minuten später kam langsam Bewegung in die Sache und ein Bahnmitarbeiter radelte in aller Seelenruhe zum nächsten Bahnübergang, um selbigen zu schließen. In der Ferne konnten wir zwischenzeitlich auch einen Zug ausmachen, der uns nicht enttäuschte, da waren tatsächlich ehemalige DDR-Schienenbusse im Anmarsch – und zwar gleich vier Stück, super!

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Nach dem Fahrgastwechsel beschleunigten 79 123 + 79 523 + 79 503 + 79 103 in Richtung serbische Grenze und auch wir hefteten uns an deren Fersen, um im nächsten Halt – Clarii Vii – nochmal ein Bild aufnehmen zu können. Im Gegensatz zu allen bisherigen Regiotrans-Verfolgungen war diese hier nun tatsächlich mal etwas stressiger, der Lokführer des Vierergespanns gab alles, um vielleicht doch nochmal ein paar Minuten Verspätung rauszuholen – wir aber auch, sodass es reichte :-)

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Und auch hier nochmal die Ausfahrt:

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Aufgrund der Verspätung dieses Zuges war nun ziemliche Eile geboten, um rechtzeitig in Periam bereitzustehen. Den Arader Zug verpassten wir dort leider knapp, das war insofern schade, dass er aus zwei Caravelles mit alten Köpfen bestanden. Aber gut, mussten wir eben mit der Leistung aus Timisoara vorlieb nehmen, die mit zwei modernisierten Vertretern gefahren wurde:

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Den in Periam noch knapp verpassten R 14365 aus Arad erwischten wir wenig später dann aber doch noch in der Einfahrt von Sannicolau Mare, dem Zielbahnhof dieses Zuges:

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Die Anstrengungen dieses Tages zollten langsam ihren Tribut, aber einen letzten Programmpunkt hatten wir uns noch auf unserer Liste notiert. Der R 14326 sollte noch in der Ausfahrt Nerau auf die Kamerachips gebrannt werden. Das klappte dann im schönen Abendlicht auch ganz gut, wenn gleich nochmals „nur“ eine Reko-Caravelle erschien:

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Damit war der wohl anstrengendste Tag beendet und auf der Rückfahrt ins Hotel beschlossen wir einstimmig, es in den folgenden Tagen ruhiger angehen zu lassen – schließlich war das ja nach wie vor ein Urlaub und an diesem Tag machten wir uns schon einiges an Stress, um möglichst viele Aufnahmen zustande zu bringen. Während wir nach Timisoara trotz schlechter Straßen rund eine Stunde benötigten, war der Triebwagen hierfür übrigens 2,5 Stunden unterwegs. Nichtsdestotrotz wird die Bahn nach unseren Eindrücken hervorragend angenommen, was mit Sicherheit auch daran liegt, dass das private Fortbewegungsmittel für viele Menschen immer noch aus nur einer Pferdestärke mitsamt Anhänger besteht.

Für das Abendessen wählten wir der Einfachheit halber nochmals das bekannte Restaurant vom Vorabend, in dem wir auch beim zweiten Besuch nicht enttäuscht wurden und dann relativ bald ziemlich erledigt in unsere Betten fielen.

Soviel an dieser Stelle zum zweiten Teil, hier wird es jetzt leider eine kleine Zwangspause geben, da bei mir in Kürze der erste Urlaub des Jahres ansteht - Anfang April geht es dann an dieser Stelle mit Teil 3 weiter. :wink:

Viele Grüße, Jens

Henning
Verkehrsminister
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Re: Auf Umwegen nach Rumänien - Reisebericht Sommerurlaub 2016

Beitrag von Henning » 13.03.2017 21:58

Wahnsinn, was Du hier zeigst :yup: Die Fahrzeuge sehen Recht ordentlich gepflegt aus. Da freue ich mich schon auf die Fortsetzung :D
Gruß
Henning

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Jens Naber
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Re: Auf Umwegen nach Rumänien - Reisebericht Sommerurlaub 2016

Beitrag von Jens Naber » 31.03.2017 21:20

Hallo zusammen,

danke, Henning! :wink:

Ja, äußerlich machen viele Fahrzeug in Rumänien tatsächlich einen sehr gepflegten Eindruck und die in vielen Balkan-Ländern allgegenwärtigen Schmierereien treten hier nur äußerst selten auf, nicht zuletzt deswegen macht das Fotografiern dort auch wirklich viel Spaß!

Nach der angekündigten Urlaubspause geht es heute mit Teil 3 weiter, unserem zweiten Tag rund um Timisoara - viel Spaß damit!

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Dienstag, 30. August 2016:

Vom Wetter her sollte der Dienstag laut Prognose der Schlechteste werden, aber das war Meckern auf hohem Niveau, statt der seit über einer Woche gewohnten 13 Stunden Sonnenschein wurden für den Dienstag „nur“ 10 gemeldet. Als wir aufwachten, merkten wir dann auch schnell, dass es relativ dunstig war und die Sonne nur im Sparmodus arbeitete. Wir fuhren trotzdem mal los, unser heutiges Ziel lag südlich von Timisoara, wir hatten es nochmal hauptsächlich auf Regiotrans abgesehen, aber in diesem Teil mischt nun langsam auch mehr und mehr die CFR mit, was sich in den folgenden Teilen kontinuierlich steigern wird. ;)

Den Auftakt machte aber Regiotrans, bei der Durchfahrt des R 14505 nach Resita Nord merkten wir schnell, dass auf dieser Strecke in anderem Tempo gefahren wird, als auf den uns bislang Bekannten:

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Ein Verfolgung dieses Zuges nach Jebel scheiterte dann auch nicht am Straßenzustand, sondern an der Tatsache, dass es der Lokführer wirklich sehr eilig hatte und – der Rußfahne des Triebwagens nach zu urteilen – permanent Vollgas gab. So fuhren wir zwar lange parallel zum Zug, schafften eine Überholung allerdings nicht.

Wir wechselten im Anschluss an die Strecke nach Cruceni, an der serbischen Grenze gelegen. Hier ging es wieder wesentlich gemütlicher zu, angesichts der völlig zugewachsenen Gleise fragten wir uns beim Warten nicht nur ein Mal, ob da überhaupt noch was fährt. Aber pünktlich auf die Minute war in der Ferne ein roter Punkt erkennbar, die Caravelle schaukelte als R 14542 nach Timisoara auf uns zu:

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Die Geschwindigkeit auf dieser Strecke war sogar so gering, dass wir in Peciu Nou noch satte 10 Minuten warten mussten, bis der Triebwagen wieder angerumpelt kam. Bemerkenswert war auf alle Fälle auch hier wieder das Fahrgastaufkommen, von außen betrachtet war der Zug bis auf den letzten Platz belegt, obwohl Gleise und Bahnsteig hier überhaupt nicht mehr erkennbar sind:

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Auch bei Timisoara Vest gelang nochmal eine Aufnahme:

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Die Zeit bis zur Rückkehr der Caravelle nutzten wir für einen Besuch eines Einkaufszentrums in Timisoara, das tatsächlich mal wieder das Gefühl aufkommen ließ, dass wir uns in Europa befanden, wenn gleich die Preise – für unsere Verhältnisse – natürlich auch hier unglaublich niedrig sind.

Für die Rückfahrt des Triebwagens nach Cruceni hatten wir uns den Haltepunkt von Sanmihai ausgesucht, der mitten im Nichts liegt, in Deutschland wäre er sicher schon längst geschlossen worden. Leider wurden die Wege bei der Anfahrt immer schlechter, bis sie letztendlich nur noch per Pferdewagen befahrbar gewesen wären. Da mussten wir kapitulieren und suchten uns stattdessen eine Ersatzmöglichkeit, um den R 14545 doch noch mitnehmen zu können:

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So ganz allmählich machte sich bei zwei Mitreisenden ein gewisser Sättigungseffekt breit, was das Fotografieren dieser Triebwagen betraf und man nahm das Wort „Caravelle“ besser nicht mehr in den Mund. :hammer: Das war zunächst auch nicht weiter tragisch, hatten wir doch im Anschluss nochmal einen Termin an der Strecke nach Jimbolia, um dort den Mittagszug nach Timisoara in Carpinis aufzunehmen. Wir erinnern uns, das ist die Strecke, auf der wir am Vortag die Ferkeltaxen fotografiert hatten.

Wir schlossen im Vorfeld Wetten ab, was für ein Fahrzeug uns dort erwarten würde, als Einsatz galt das Bezahlen der abendlichen "Kurzen" an der Hotelbar. Während Markus auf Ferkeltaxen tippte, lehnten Martin und Ich uns weit aus dem Fenster und beschlossen, dass da die urigen Malaxa-Triebwagen anrücken werden, Andreas enthielt sich diplomatisch :D

Nunja, was soll ich sagen...wir bekamen alle ein sehr langes Gesicht – und das nicht nur wegen der entgangenen Chance auf einen kostenlosen Absacker, sondern hauptsächlich wegen des Triebwagens :roll: :

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Damit hatten wir diese Baureihe wenigstens auch mal in Rumänien fotografiert, unsere Begeisterung hielt sich aber verständlicherweise in Grenzen.

Wir wechselten nach dieser Pleite wieder nach Jebel, denn dort stand zeitnah nochmals eine Carave....äääähVerzeihung, ein französischer Nahverkehrsqualitätsverbrennungstriebwagen auf dem Plan – auf diese Bezeichnung einigten wir uns zwischenzeitlich, da die französische Bezeichnung in den letzten Tagen wohl etwas überstrapaziert wurde :mrgreen:

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Ein Blick ins iPhone offenbarte uns dann etwas, was wir im Vorfeld gar nicht in Betracht gezogen hatten, denn auch die CFR befährt diesen Streckenabschnitt planmäßig. Wir hatten zwar keine Ahnung, was hier eingesetzt wird, aber schlimmer als ein weiterer Desiro konnte es nicht werden, sodass wir für den R 9663 nach Moravita an den Haltepunkt von Padureni fuhren.

Als in der Ferne ein roter Punkt auftauchte, konnten wir zumindest den befürchteten Desiro schon mal ausschließen, als der Zug dann näher kam, hatten wir Gewissheit: Da waren tatsächlich die rumänischen Oldtimer schlechthin im Anflug! Wir wussten zwar, dass es um Timisoara noch einige Leistungen der rund 80 Jahre alten Malaxa 900 gibt, wir hatten aber keine Ahnung, wo selbige fahren – von daher hatten wir hier einen Volltreffer:

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Nach einem kurzen Sprint gab es dann auch noch die Ausfahrt der Doppeltraktion, welche wohl die europaweit ältesten Triebwagen im täglichen Planverkehr darstellen:

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Im Anschluss stand wieder ein gemütlicher Wechsel an die Strecke nach Jimbolia an, um dort erneut den Nachmittagszug aufzunehmen. Mit der vom Vortag bereits bekannten Verspätung kam das Vierergespann angerumpelt und passiert dabei das nicht mehr betriebsfähige Formsignal von Beregsău Mare:

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Zwischenzeitlich hatten wir durch Ausschlussverfahren auch die Rückleistung der beiden Malaxa-Triebwagen herausgefunden, die wir in Jebel fotografieren konnten:

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Eine halbe Stunde später nahmen wir dann auch gleich noch die Regiotrans-Leistung mit, mit der wir den fotografischen Teil des Tages beendeten:

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Für uns stand an diesem Abend noch ein Ortswechsel an, ein weiterer Tag Regiotrans um Timisoara hätte wohl zu einer Meuterei geführt, wobei ich sagen muss, dass ich mit den zwei Tagen auch ganz gut gesättigt war und daher nichts gegen eine andere Ecke mit lokbespannten Zügen hatte.

Wir fuhren also ein ganzes Stück gen Norden, das nächste Etappenziel lag in Oradea, wo es eine nennenswerte Anzahl an diesellokbespannten Zügen gibt. Nach einer Runde piept de pui la gratar (= Hähnchenbrustfilet) in einem sehr empfehlenswerten und auf einer kleinen Insel in einem Teich herrlich idyllisch gelegenen Restaurant in Salonta, kamen wir am späten Abend in unserem Hotel in der Innenstadt von Oradea an, wo wir den Abend ausklingen ließen und nochmal den Plan für den folgenden Tag abcheckten.

Von unserem Tag rund um Oradea erzählt in Kürze der vierte Teil an dieser Stelle.

Viele Grüße, Jens :wink:

Jens Naber
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Re: Auf Umwegen nach Rumänien - Reisebericht Sommerurlaub 2016

Beitrag von Jens Naber » 06.04.2017 20:02

Hallo zusammen! :wink:

Wie angekündigt, beweist dieser Teil jetzt endlich, dass in Rumänien auch lokbespannte Züge unterwegs sind, den Mittwoch verbrachten wir im Dunstkreis von Oradea.
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Mittwoch, 31. August 2016

Im Gegensatz zum Dienstag begann der Mittwoch gleich wieder mit strahlendem Sonnenschein, sodass wir schnell munter waren und das Frühstück mal wieder ausfallen ließen, um den Tag voll ausnutzen zu können. Nach einem umgebauten 614er an einer – zugegebenermaßen – etwas belanglose Stelle steuerten wir für den lokbespannten R 1834 nach Iasi den Bahnhof von Cefa an, wo man ganz gut aus einem ehemaligen Stellwerk fotografieren kann.

Nachdem sich ein französischer Nahverkehrsqualitätsverbrennungstriebwagen – ja, die fahren hier tatsächlich auch, nur unter einem anderen Betreiber – zur Kreuzung eingefunden hatte, kam der erwartete Regionalzug dann auch relativ pünktlich durchgefahren:

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Als nächstes hatten wir den R 6812 aus dem ungarischen Debrecen auf dem Zettel, den wir in Biharia erwarten wollten. Mit diesem Zug fuhr uns dann endlich der von einigen heiß ersehnte erste „Kutter“ des Urlaubs vor die Linse, wobei ich auch sagen muss, dass die Lackierung der in die Jahre gekommenen Lok tatsächlich perfekt mit den MÁV-Wagen harmoniert:

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Um die Mittagszeit fährt um Oradea nicht viel, lediglich eine TFC-Leistung in Richtung Cluj-Napoca würde in nächster Zeit für etwas Bewegung auf den Schienen sorgen. Wir wollten diesen ursprünglich von einer Brücke mit Blick auf den Bahnhof von Oradea fotografieren, aber leider stand der „Wadlooper“ - so nennen sich die gebraucht aus den Niederlanden beschafften Dieseltriebwagen – auf dem hierfür mit Abstand ungünstigsten Gleis, so wirkte das zumindest auf uns. Markus und Ich stellten uns daher direkt ans Gleis und nahmen zusätzlich noch ein bestens bekanntes Triebwagenmodell mit ins Bild:

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Nach der Aufnahme bewies uns Andreas, dass es von oben doch besser ausgesehen hätte, hinterher ist man schlauer...

Um das Mittagsloch irgendwie zu füllen, fuhren wir nach Chiribis, wo die Gesellschaft „Interregional Calatori“ um diese Zeit eine Leistung von Marghita nach Sarmasag fährt, die dann auch gleich in Doppeltraktion abgewickelt wurde:

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Vor allem Andreas hoffte wohl mittlerweile, dass dies der letzte Franzosen-VT für diesen Urlaub war und seine Hoffnung sollte zunächst auch nicht enttäuscht werden, stand mit dem R 11400 von Valea lui Mihai nach Oradea doch zunächst wieder ein lokbespannter Zug an. Der „Kutter“ gab in Sacuieni Bihor alles, um die bereits aufgebaute Verspätung nicht noch mehr zu vergrößern:

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Der links im Bild zu sehende Güterzug machte uns neugierig, denn bei beiden Loks lief der Motor, was auf eine baldige Abfahrt schließen ließ. Wir hofften einfach, dass wir mit unserer Vermutung, dass er auch Richtung Oradea fahren würde, richtig liegen würden und positionierten uns bei Diosig. Nach einiger Zeit des angespannten Wartens blubberte es in der Ferne verdächtig und als dann noch mehrfach das Horn der Loks zu hören war, bestand kein Zweifel mehr: Wir hatten richtig vermutet, die beiden 60er waren ihrem langen Getreidezug im Anmarsch:

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In den überhöhten Kurve verlor der Zug übrigens mächtig Ladung und es regnete einiges an Getreide auf uns herab.

Da die Fuhre nicht sonderlich schnell unterwegs war, fuhren wir hinterher und kamen in Diosig sogar noch deutlich vorher an. Die Eile wäre allerdings gar nicht nötig gewesen, denn er wurde erst mal in das Ausweichgleis gestellt. Als sich nach längerer Wartezeit die Schranken senkten, machten wir uns für das zweite Bild des Zuges bereit, doch halt!!! Was kam denn da angefahren???

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An den R 15808 aus Marghita hatten wir gar nicht mehr gedacht...

10 Minuten später stand dann aber tatsächlich die Ausfahrt für den Getreidezug, mit dem die führende Lok allergrößte Mühe hatte, warum die zweite Lok nicht mehr lief, erschloss sich uns nicht:

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Ein wenig unglücklich für uns war dann die Rückkehr nach Sacuieni Bihor, denn dort wollten wir eigentlich das nächste Bild mitsamt Bahnhof aufnehmen, aber leider stand dort schon der nächste Güterzug und versperrte die Sicht auf das Motiv. Da die Zeit schon ziemlich drückte, mussten wir den R 4337 nach Halmeu in der Einfahrt improvisieren, bespannt war er mit einer ziemlich verranzten 62er:

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Da auch beim bereits angesprochenen Güterzug der Motor lief, wechselten wir zügig nach Diosig, dessen Bahnhof unseres Erachtens ein ganz nettes Motiv abgibt. Der Güterzug kam dann auch recht zeitnah angefahren und wurde von zahlreichen Einheimischen als „Ersatzzug“ für einen stark verspäteten Regionalzug genutzt:

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Der R 15870 aus Sarmasag, dessen Fahrgäste wohl mehrheitlich den vorausfahrenden Güterzug nutzten, hatte fast zwei Stunden Verspätung, was das Zugpersonal allerdings nicht davon abhielt, in Diosig noch einen ausgiebigen Plausch mit dem Bahnhofsvorsteher zu halten. Erst nach 10 Minuten ging es dann endlich weiter, die „Caravelle“ räucherte den Bahnhof dabei gut ein:

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Das sollte dann aber tatsächlich die letzte Caravelle des Urlaubs gewesen sein, wenn man von einer unmotivierten Nachschussmöglichkeit mal absieht.

Für die nur 20 Minuten später folgende CFR-Leistung wechselten wir lediglich an die Bahnhofsausfahrt. Zum Einsatz kam einer der umgebauten ex. DB 614er, die in Rumänien eine neue Front erhalten haben, der Sinn dahinter hat sich uns bis heute noch nicht erschlossen, vielleicht soll der Zug so etwas moderner wirken, als er tatsächlich ist:

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Eine Stunde später stand auf dieser Strecke noch ein Nachtzug an, für den wir nun aber allergrößte Mühe hatten, noch eine Stelle mit Licht auf der Strecke zu finden. Ein um 30 Minuten verspäteter Regionalzug in die Gegenrichtung förderte die Pünktlichkeit „unseres“ Nachtzuges natürlich auch nicht, sodass die 65er im wirklich allerletzten Licht an unserer – zugegebenermaßen – 0815-Stelle ihren auf den ersten Kilometer bereits um über eine halbe Stunde verspäteten E 1934 nach Bukarest vorbeizog, bis zur rumänischen Hauptstadt dürfte da noch einiges zusammengekommen sein:

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Damit schlossen wir den Fototag ab und konnte beruhigt feststellen, dass die Vorhersage für die Gegend um Satu Mare auch nochmal angezogen hatte und zwischenzeitlich von einem ganztags sonnigen Donnerstag sprach. Daher fuhren wir frohen Mutes gen Nordwesten, wo wir uns drei Apartments für unglaubliche 30 Euro pro Person gebucht hatten. Streng genommen hätte uns ein Apartment gereicht, wir wussten gar nicht, was wir mit dem vielen Platz alles anfangen sollten...

Wer selbst mal einen Abstecher in diese Ecke planen sollte, dem seien die „Korall Central Suites & Apartments“ hiermit wärmstens empfohlen, es war das mit weitem Abstand sensationellste und beste Preis-Leistungsverhältnis während unseres ganzen Urlaubs!!!

Weshalb wir überhaupt bis in den äußersten Nordwesten Rumäniens gefahren sind, davon erzählt in Kürze der vorletzte Teil des Reiseberichts!

Viele Grüße, Jens

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Re: Auf Umwegen nach Rumänien - Reisebericht Sommerurlaub 2016

Beitrag von Jens Gießler » 07.04.2017 06:15

Meine Güte, absolut Spitze. Aber der Bewuchs in den Gleisen teilweise ist der Hammer. .
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Re: Auf Umwegen nach Rumänien - Reisebericht Sommerurlaub 2016

Beitrag von Sven » 07.04.2017 07:21

Großes Kino Jens! :yup:
Und wiedermal großen Respekt vor der Abenteuerlust! :yup:

Viele Grüße
Sven :kaffee: :wink:
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Re: Auf Umwegen nach Rumänien - Reisebericht Sommerurlaub 2016

Beitrag von Jens Naber » 12.04.2017 19:04

Hallo zusammen,

danke euch beiden, freut mich! :wink:

Im vorletzten Teil geht es nun, wie angekündigt, in den äußersten Nordwesten Rumäniens, wo nach wie vor zwei Exoten beheimatet sind, wovon zumindest einer relativ zuverlässig einen Umlaufplan rund um Satu Mare bestreitet.

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Donnerstag, 01. September 2016:

Die Wetterprognose sollte uns nicht enttäuschen, denn als wir aufwachten, war wieder mal keine Wolke zu erkennen. Morgens hatten wir die Wahl zwischen zwei Satu Mare etwa zeitgleich verlassenden Regionalzügen, wovon gemäß unseren Infos einer mit Ferkeltaxen und einer mit einem umgebauten 614er gefahren wird. Der Haken an der Sache war aber, dass wir nicht wussten, welcher Triebwagen welchen Zug fährt. Wir hofften beim R 4403 auf die Schienenbusse und platzierten uns am Haltepunkt von Botiz, der scheinbar ein beliebter Treffpunkt für Straßenhunde darstellt, zumindest waren wir hier nach kurzer Zeit von einem ganzen Rudel umgeben, wovon einige Vertreter nur noch mit drei Beinen oder anderen schweren Verletzungen unterwegs waren – ein trauriger Anblick... :?

Was den R 4403 betrifft, ging unsere Vermutung leider nicht auf, ein 614er rollte in den Haltepunkt:

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Zwischenzeitlich checkten wir die aktuelle Verspätung des E 1741 aus Bukarest und merkten schnell, dass wir noch einen Zwischenprogrammpunkt einschieben konnten, denn der Zug hing seinem Fahrplan über eine Stunde hinterher. Bei Carei nahmen wir daher noch eine MÁV-Brotbüchse mit, die als R 36322 nach Mateszalka auf dem Weg in ihre ungarische Heimat war:

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Wir konnten dann gemütlich an den Bahnhof „General Gheorghe Avramescu“ wechseln, denn der bereits vorab überprüfte Nachtzug baute seine Verspätung kontinuierlich weiter aus. Als er mit seiner 64er durch den Bahnhof polterte, dürfte er bei + 75 Minuten gewesen sein :gaehn: :

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Eigentlich hätten wir uns nun beeilen müssen, aber wir lernten in den vergangenen Tagen, dass man besser die aktuelle Position der Züge im Internet abruft, bevor man in unnötige Hektik verfällt. So war es dann auch hier, der in Satu Mare angepeilte R 4090 war ebenfalls mit 40 Minuten Verspätung unterwegs. Bemerkenswert fanden wir alle, dass dieser Regionalzug Schlafwagen eingereiht hatte, das scheint wohl die Folgeleistung eines Nachtzuges zu sein:

Bild

Danach eilte es dann tatsächlich mal, denn der R 6822 aus dem ungarischen Debrecen war überraschenderweise pünktlich unterwegs und wir mussten uns zu Martins Leidwesen zum mittlerweile dritten Mal durch das mit unzähligen Baustellen verseuchte Satu Mare quälen. In Moftin waren wir allerdings zum Glück rechtzeitig, als der „Kutter“ seine drei ungarischen Wagen beschleunigte:

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Bis zum Hauptgrund unseres Abstechers nach Satu Mare war nach wie vor viel Zeit, sodass wir den Nachtzug nach Mangalia noch mitnehmen konnten, der den Bahnhof von Satu Mare bereits um 13:30 Uhr verlässt, um am nächsten Morgen im Südosten des Landes anzukommen, Fahrtzeit nahezu 20 Stunden. Die Landstraße (!) zu einem zuvor auserkorenen Bahnübergang wurde teilweise so schlecht, dass wir stellenweise nicht mal mehr in Schrittgeschwindigkeit vorankamen:

Bild

[Handybild]

Das Bild des E 1944 wurde dann eher zum hochlichtigen Beweisbild...aber gut, man hatte ihn zumindest mal fotografiert:

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Wir fuhren anschließend gemütlich – an was anderes war aufgrund des Straßenzustandes auch nicht zu denken – zurück an den bereits vom Vormittag bekannten Bahnhof „General Gheorge Avramescu“. Hier wurde es dann auch endlich für den wirklichen Grund unseres Besuchs im nordwestlichsten Zipfel des Landes Zeit. Die CFR besitzt zwei ursprünglich für die DB vorgesehene 628, von denen zumindest einer relativ regelmäßig einen Umlaufplan rund um Satu Mare bestreitet. Da man es in Rumänien mit Neulack nicht so hat, fahren die Triebwagen nach wie vor in ihrer Ursprungslackierung durch das Land, der R 4084 nach Jibou sollte uns nicht enttäuschen:

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Mit nur einer halben Stunde Abstand folgt dem 628er die Rückleistung der ungarischen Wagen nach Debrecen, die wir zunächst in Domanesti erwarteten:

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Aufgrund des notwendigen Lokwechsels und extrem zeitaufwändiger Grenzkontrollen in Valea lui Mihai ist es kein Problem, den Zug ein zweites Mal zu erwischen. Mittlerweile hatte sich die ungarische 418 326 vor die drei Wagen des R 6823 aus Satu Mare gesetzt, die den Zug Richtung Ungarn befördern wird:

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Bis zum abendlichen Nachtzug nach Bukarest war noch ausreichend Zeit, sodass wir noch den R 4336 nach Oradea bei Simion mitnehmen konnten, der wieder aus einem modernisierten 614er bestand:

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Für den E 1934 galt es nun eine Stelle zu finden, an der das Licht lange genug halten würde, wobei wir nach den Erfahrungen der Vortage vorsichtshalber gleich ein bisschen Verspätung einkalkulierten. Letzteres wäre nicht nötig gewesen, denn der Nachtzug in die rumänische Hauptstadt war noch annähernd pünktlich unterwegs, als er unter freundlichem Pfeifen des Lokführers an Curtuișeni vorbei eilte:

Bild

Für den Freitag – unseren letzte kompletten Tag in Rumänien – standen noch zwei potentielle Ziele zur Auswahl. Einerseits reizte die Strecke von Oradea über Huedin nach Cluj-Napoca, welche landschaftlich reizvoll durch das Apuseni-Gebirge führt, andererseits wären auch nochmal ein paar Ferkeltaxen um Jibou und natürlich der 628er nicht schlecht gewesen. Wohin es uns letztendlich verschlagen hat, erzähle ich in den nächsten Tagen im letzten Teil des Berichts.

Viele Grüße, Jens :wink:

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Re: Auf Umwegen nach Rumänien - Reisebericht Sommerurlaub 2016

Beitrag von südharzbahner » 14.04.2017 21:52

Hallo Jens,

Ganz großes Kino ist Dein Reisebericht, der nicht nur durch die grandiosen Aufnahmen gefällt. :yup: :yup: :yup:
Grüße aus dem Südharz von Marcus.

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Jens Naber
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Re: Auf Umwegen nach Rumänien - Reisebericht Sommerurlaub 2016

Beitrag von Jens Naber » 15.04.2017 15:31

Hallo zusammen,

vielen Dank, Marcus! :-)

Der letzte Teil beschäftigt sich mit unserem fünften und letzten kompletten Fototag in Rumänien sowie mit der Rückreise bis ins heimische Nordbaden. Ich wünsche ein letztes Mal viel Spaß.
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Freitag, 02. September 2016:

Morgens um 07:00 Uhr wachten wir in unserem Hotel in Negreni auf, die Wahl fiel also nach einigen Diskussionen auf das Apuseni-Gebirge. Das war zwar am Vorabend mit erheblicher Fahrerei verbunden, hatte aber den Vorteil, dass wir unserem Abflughafen Cluj-Napoca schon mal ein ganzes Stückchen näher gekommen waren. Davon abgesehen tat die bergige Umgebung nach viel Flachland an den Tagen zuvor schließlich auch mal ganz gut.

Das routinemäßige Überprüfen der Verspätung des Nachtzuges aus Bukarest brachte die erfreuliche Erkenntnis, dass wir weiterschlafen konnten und erst für den IC 362 nach Budapest aufstehen mussten, der Nachtzug war unterdessen mit über 90 Minuten Verspätung angekündigt.

Um 08:00 Uhr mussten wir dann aber los und platzierten uns für den Budapester Zug nur wenige Kilometer von unserem Hotel entfernt, eine Stelle ohne Frontschatten fiel uns nicht ein, im Umkreis ist dies das einzige Stück Strecke, wo der pünktliche (!) Zug nicht im vollen Gegenlicht kam:

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Ein Teil des Personenverkehrs wird auf dieser Strecke durch TFC abgewickelt, die hier mit gebrauchten Fahrzeugen aus den Niederlanden und Deutschland unterwegs ist. Der ebenfalls pünktliche IR 15031 aus Cluj-Napoca zählte zu den Aufgaben eines 614er, die bei TFC zum Glück keine neue Frontpartie erhalten haben:

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Meine Güte, waren das jetzt tatsächlich zwei pünktliche Züge in Folge? Fast schon unheimlich! Auf den D 1741 aus Bukarest war dafür dann aber wieder Verlass, denn er baute seine Verspätung kontinuierlich aus, bei der Durchfahrt an unserer Stelle dürfte er weit über zwei Stunden hinter seinem Fahrplan gehangen haben:

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Mit dem stark verspäteten Nachtzug war der Fahrplan für den restlichen Tag natürlich wieder durcheinander, sodass eine weitere Planung fast nicht mehr möglich war.

Wir wechselten im Anschluss nach Ciucea, wo wir den R 3074 nach Cluj-Napoca abwarten wollten. Den Nahverkehr im Apuseni-Gebirge wickelt die CFR hauptsächlich mit den, für rumänische Verhältnisse, hochmodernen Desiro-Triebwagen ab, zum Glück begegnete uns eines der wenigen sauberen Exemplare:

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Für die knapp 160 Kilometer benötigt der Zug satte vier Stunden...

Das Schöne an dieser Strecke ist, dass sich die Wartezeiten in der Regel ziemlich in Grenzen halten, da sich stets die CFR mit TFC-Leistungen abwechselt, vom in Rumänien scheinbar auch allgegenwärtigen Mittagsloch abgesehen. Für die nächste Runde nach Oradea schickte TFC einen niederländischen Wadlooper vorbei, der schön in unser ausgekundschaftetes Motiv bei Poieni passte:

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Bei Braisoru schauten wir uns im Anschluss den R 1834 nach Iasi an:

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Im Anschluss bauten wir uns im Bahnhof von Braisoru auf, um dort den IC 367 aus Budapest aufzunehmen. Leider war dieser wieder einmal stark verspätet, aber als Ersatz wurde uns ein uriger Bauzug vorbeigeschickt, das war dann doch auch ganz nett:

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Auch im Anschluss keine Spur vom „Budapester“, sodass TFC mit ihrem IR 15034 nach Cluj vorgelassen wurde, im Einsatz war wieder der vom Morgen noch bekannte 614er:

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Der IC kam dann leider so stark verspätet, dass das Licht nicht mehr passte, weshalb ich auf die Aufnahme hier mal besser verzichte, zumal eine Frontscheibe der Lok zertrümmert war, was die ganze Sache nicht schöner machte.

Nach einer Mittagspause bauten wir uns am Nachmittag bei Huedin auf, denn dort wollten wir den IC 366 aus Brasov aufnehmen. Wir rechneten mittlerweile schon damit, dass sich die Sache wieder mal etwas hinziehen könnte und sollten in unserer Vermutung auch nicht enttäuscht werden, denn zur Planzeit tat sich....nichts. Zwischenzeitlich weckten wir allerdings das Interesse einer Schweinefamilie, deren Nachwuchs uns neugierig beschnupperte – das war dann doch mal ein Kontrast zu den sonst allgegenwärtigen Straßenhunden:

Bild

Nach einer guten Stunde in der prallen Sonne ertönte in der Ferne dann endlich der erlösende Pfiff und kurz darauf bog 65 1300 um die Ecke, am Haken den stark verspäteten IC 366 nach Budapest:

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Da die Züge auch hier nicht sonderlich schnell unterwegs sind, versuchten wir uns an einer Verfolgung nach Negreni. Das klappte auch problemlos, der Lokführer schaute nicht schlecht, als er uns ein zweites Mal erblickte, aber in Rumänien lässt sich auch ein Intercity problemlos überholen:

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Nächstes Ziel war der Bahnhof von Piatra Craiului, in dem zahlreiche Fahrgäste sehnsüchtig auf den bereits längst überfälligen Regio Richtung Cluj-Napoca warteten. Wir hatten es indessen auf den Gegenzug abgesehen und hofften, dass es hier nicht zur Zugkreuzung kommen würde. Mit einer halben Stunde Verspätung erlöste uns „unser“ IR 1833 nach Timisoara Nord, während vom Nahverkehrszug nach Cluj nach wie vor nichts zu sehen war:

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Zwei Programmpunkte hatten wir zum Abschluss noch auf der Liste: Einerseits eine weitere TFC-Leistung nach Oradea und andererseits den abendlichen Nachtzug nach Bukarest. Wir positionierten uns bei Negreni und rechneten dort zunächst mit der TFC-Leistung. Zu unserer Überraschung tauchte dort aber doch noch der um rund eine Stunde verspätete Nahverkehrszug nach Cluj-Napoca auf, was für uns bedeutete, dass sich auch TFC deutlich verzögern würde. Dem war dann auch so, erst 40 Minuten nach der Planzeit tauchte der ersehnte 614er als IR 15037 nach Oradea auf:

Bild

Den aus der Gegenrichtung kommenden Nachtzug wollten wir im Anschluss noch im abendlichen Streiflicht mitnehmen, eine TFC-Leistung sollte auch noch vorbeischauen. In den Bergen, die wir als Hintergrund gewählt hatten, wurde zwischenzeitlich wohl etwas gezündelt und die Rauchwolken kamen in der immer tiefer stehenden Sonne wirklich klasse. Nur eine Sache fehlte zu unserem Glück: Ein Zug. Nahezu minütlich erhöhte sich die prognostizierte Verspätung des Nachtzuges und auch TFC wollte nicht auf der Bildfläche erscheinen. Und dann kam es, wie es kommen musste: Der Nachtzug baute 40 Minuten Verspätung auf und kam, als die Sonne gerade hinter den Bergen verschwunden war – von TFC war auch eine Stunde nach der Planzeit nichts zu sehen...

Das wäre unser Preis gewesen:

Bild

Auch, wenn einen so etwas natürlich immer ärgert, dürfen wir uns im Nachhinein nicht beklagen, liefen die zwei Wochen ansonsten doch wirklich sorgenfrei. Wir fuhren in unser Hotel in Valea Draganuhui und ließen den letzten Abend mit dem besten Abendessen des Urlaubs ausklingen – das Hotel „Vila Roca“ bietet wirklich eine hervorragende Küche und ist hier eine klare Empfehlung wert!

Samstag, 03. September 2016:

Der Tag begann mit einem ausgiebigen Frühstück und der Fahrt zum Flughafen nach Cluj-Napoca, wobei wir noch einen Zwischenstop an einer Tankstelle einlegten, um den Mietwagen von seiner dicken Schmutzschicht, die sich die Woche über angesammelt hatte, zu befreien. Nach einer ziemlich chaotischen Rückgabe des Autos - zur vereinbarten Zeit war am vereinbarten Treffpunkt niemand von „Klass-Wagen“ - hatten wir noch eine Stunde für die Sicherheitskontrolle, eigentlich also kein schlechter Zeitpuffer.

Da allerdings nahezu zeitgleich vier Flugzeuge starten sollten und der Flughafen einem kleinem Regionalflughafen gleicht, herrschte hier das totale Chaos und die Beamten waren mit dem Ansturm der Passagiere völlig überfordert. 15 Minuten vor Abflug (!!! - nicht Boarding-Time!!!) standen wir immer noch in der Kontrolle, nur mittlerweile mit einem Puls von 180, zumal die Anzeigetafeln nach wie vor von einem pünktlichen Start unserer Maschine sprachen. Zehn Minuten vor Abflug waren wir dann endlich an der Reihe, wobei der für mich zuständige Sicherheitsbeamte angesichts meiner Hektik und Aufregung wohl seine Chance witterte und mich zum Drogenschnelltest aus dem Verkehr zog – das hatte mir gerade noch gefehlt, den Flug hatten wir mittlerweile innerlich abgeschrieben, Markus rannte trotzdem mal zum Gate voraus, bei den anderen Beiden blieb zum gefühlten 100sten Mal das Band für das Handgepäck stehen...

Im Anschluss an den (überflüssigen) Test dann noch durch die Passkontrolle und 5 Minuten vor Abflug kam auch ich völlig fertig mit den Nerven an unserem Gate an, wo wir feststellen durften, dass die Koordination der Flughafenbusse ebenfalls hoffnungslos überfordert war und für unseren Flug bislang noch kein Bus zur Verfügung stand – wir konnten durchatmen!!!

Mit einiger Verspätung war der A 320 der ungarischen WizzAir dann startklar, wobei sich der Pilot einen Seitenhieb auf das Chaos auf dem Flughafen in seiner Begrüßungsansprache nicht verkneifen konnte, was uns zumindest darin bestärkte, dass es anderen auch nicht besser ging.

W6 3669 - - Cluj Napoca 12:40 Uhr – Nürnberg 13:40 Uhr [Zeitumstellung...]

Der restliche Heimweg war dann eher unspektakulär, mit der nächsten U-Bahn fuhren wir zum Nürnberger Hauptbahnhof und dann wie folgt nach Hause:

RE 19922 - - Nürnberg 16:36 Uhr – Stuttgart 19:18 Uhr
ICE 512 - - Stuttgart 19:51 Uhr – Mannheim 20:28 Uhr
RB 38877 - - Mannheim 20:49 Uhr – Neulußheim 21:10 Uhr
____________________________________________________________________________________

Fazit der ganzen Geschichte:

Die Unterteilung des Urlaubs in eine Woche Interrail und eine Woche Fotografie war im Nachhinein betrachtet ideal, angesichts der zwei Wochen Sonne pur hätten wir bei durchgehendem Fotografieren wohl früher oder später die Lust verloren. Insbesondere Rumänien hat mich sehr beeindruckt, ein tolles Land völlig fernab des klassischen Tourismus mit äußerst gastfreundlichen Menschen, in dem es viel zu entdecken gibt – und nach dessen Besuch man erst mal wieder auf den Boden der Tatsachen zurück geholt wird und schätzen lernt, in welchem Überfluss wir hier in Deutschland eigentlich leben.

Beeindruckend für uns war, dass die Menschen dort alles einfach viel gelassener sehen, als das bei uns der Fall ist. Stundenlange Verspätungen bringen Rumänen ebenso wenig aus der Ruhe, wie riesige Schlaglöcher, die ein Befahren so mancher Landstraße nahezu unmöglich machen – und in Deutschland schon längst zu einer Sperrung geführt hätten. Neben den zahlreichen Pferdefuhrwerken werden uns im Straßenverkehr vor allem die ROMAN-Diesel in Erinnerung bleiben, uralte und schrottreife LKWs, die in Deutschland sicherlich nach 10 Sekunden durch den TÜV fallen würden, dort aber nach wie vor in großer Stückzahl das Verkehrsbild prägen:

https://www.youtube.com/watch?v=xH8XO7uQWAQ
[das Video gibt einen kleinen Eindruck, auch, was das rumänische Verständnis von ordnungsgemäßer LKW-Beladung betrifft...]

Es geht eben einfach alles ein ganzes Stück gemächlicher, aber für das jedes Problem wird trotzdem eine Lösung gefunden.

Ich hoffe, ich konnte die Eindrücke der zwei Wochen ein wenig rüber bringen und danke fürs Durchhalten – uns hat dieses Land sicherlich nicht das letzte Mal gesehen!

Zum Abschluss ein dickes Dankeschön an Martin für die Planung der Interrailwoche sowie den sicher nicht immer einfachen Fahrtdienst in Rumänien und einen Gruß an den Rest!

Frohe Ostern!

Viele Grüße, Jens

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