nachdem es nun seit Monaten und Jahren immer neue Hiobsbotschaften rund um die Eisenbahn im Thüringischen Teil der Rhön gab, gibt es nun eine Meldung aus dem Feldatal, die wesentlich besser anmutet. Das wäre ja der Knüller...
Quelle: Südthüringer Zeitung onlineFeldabahn
Zukunft mit der Vergangenheit?
Comeback auf einem Teilstück der stillgelegten Strecke in Schmalspur geplant / Konkrete Pläne
Von Stefan Sachs
Rhön - Die Geschichte der Feldabahn war oft ein Wechselspiel zwischen Hoffen und Bangen, besonders in den vergangenen 20 Jahren. Die Strecke ist entwidmet, die Gleise zwischen Kaltennordheim und Weilar sind abgebaut. Auf dem 11,5 Kilometer langen Streckenabschnitt zwischen Dorndorf und Weilar liegen die Schienen noch in ihrem Schotterbett. Dort wollte ein Verein aus dem Raum Berlin Draisinen rollen lassen. In den vergangenen Monaten wurde es still um dieses Projekt, Insider gehen davon aus, dass es vom Tisch ist. Dafür gibt es einen neuen Hoffnungsschimmer: Ein Comeback des verbliebenen Feldabahnabschnittes als Schmalspurbahn. Eine Rückkehr in die Vergangenheit - als Touristenattraktion: 1880 hatte zwischen Dorndorf und Kaltennordheim Deutschlands erste meterspurige Schmalspurbahn ihren Betrieb aufgenommen. Erst später löste eine neue, regelspurige Strecke die alte "Rompelboh" ab (Eröffnung im Oktober 1934). Doch waren dieser nur reichlich 60 Jahre Betriebszeit vergönnt.
Eine stillgelegte und entwidmete Strecke als Schmalspurbahn wiederzubeleben, erscheint auf den ersten Blick unrealistisch. Eine Exkursion nach Georgenthal bei Gotha und Ilmenau bewies jedoch das Gegenteil.
Hühnerstall mit Gepäcknetz
Stadtlengsfelds Bürgermeister Ralf Adam, sein Dorndorfer Amtskollege Ingo Jendrusiak, Meike Kimmel vom Rhönforum sowie mehrere Mitglieder der Interessenvereinigung Verkehrsgeschichte mittleres Werratal (darunter Vereinschef Markus Schmidt) begaben sich auf Thüringen-Tour. Eingeladen zu drei Vor-Ort-Terminen hatte Peter Erk, Inhaber der Feldbahnbetriebsgesellschaft im Schortetal bei Ilmenau. Er will auch die Rhöner Bahn betreiben.
Ein Betriebsgelände in Georgenthal: Hier haben die Schmalspurbahner, eine Gruppe des insgesamt etwa 50 Mitglieder zählenden Vereins "IG Hirzbergbahn", ihr Domizil. Ihr Ziel: Waggons, Loks und andere Relikte von einstigen Thüringer Schmalspurbahnen aufzuspüren, zu retten, zu restaurieren und museal zu präsentieren. Auf dem Gebiet des Freistaates Thüringen existiert heute keine schmalspurige Eisenbahn mehr, wenn man das südliche Teilstück der Harzer Schmalspurbahnen und die Parkbahn Gera vernachlässigt. Im Jahr 2002 retteten engagierte Hobbybahner der "IG Wagen" einen zweiachsigen Güterzuggepäckwagen aus der Erstausstattung der einstigen Eisfelder Schmalspurbahn vor der endgültigen Verschrottung. "Dem Gedanken einer musealen Aufarbeitung und Zurschaustellung stand in Thüringen nur der Verein Hirzbergbahn e. V. wohlwollend gegenüber, und so gelangte das Unikat in dessen Sammlung", erinnert sich Ulf Haußen, Ressortleiter Schmalspurbahn bei der IG Hirzbergbahn. Inzwischen ist der Waggon in alter Schönheit wieder neu entstanden. Der Verein konnte vor ein paar Jahren ein leer stehendes Sägewerksgelände in Georgenthal übernehmen und hat seitdem ein Domizil sowie eine Werkstatt für die Schmalspurbahner. 21 Wagen (bzw. deren Reste) und drei Lokomotiven haben die Vereinsmitglieder bereits zusammengetragen. In unermüdlicher Fleißarbeit restaurieren die Hobbybahner Waggon für Waggon. Einige sind bereits fertig gestellt und sehen aus wie fabrikneu.
Sechs Schmalspurbahnen gab es einst in Thüringen, davon fünf meterspurige, erzählt Ulf Haußen, der als Experte auf diesem Gebiet gilt und unter anderem gemeinsam mit seinem Vater Waldemar Haußen ein Buch über die Feldabahn geschrieben hat. "Von den meterspurigen Bahnen ist noch erstaunlich viel Material vorhanden", sagt Ulf Haußen. Meistens sind es nur die Kästen der häufig mehr als 100 Jahre alten Wagen, die als Laube, Geräteschuppen oder Hühnerstall in irgendeinem Garten überlebten. Für rund 300 Ost-Mark gab die Deutsche Reichsbahn zu DDR-Zeiten solche zuletzt als Bauwagen oder Schuppen eingesetzten Waggon-Veteranen an Interessenten ab. Damals, als es noch keine Baumarkt-Blockhäuser und Fertigteil-Gartenhütten gab, willkommene Behausungen für Schrebergärtner. Heute, nachdem im Laufe der Jahre Rost und Holzfäule den Sieg über die immer wieder aufgetragenen Farbschichten davontragen, werden sie oftmals zur Last. Die Mitglieder des Georgenthaler Vereins sind hingegen dankbar über die geretteten Bahn-Relikte und bemühen sich um jeden brauchbaren Fund.
Die Georgenthaler Schmalspurbahner recherchierten gezielt in Archiven, um selbst die (Verkaufs-)Geschichten der historischen Wagen aufzuspüren und zu verfolgen. Manchen retteten sie in letzter Sekunde direkt vor dem Schneidbrenner. Einige der Waggons waren nachweislich auch auf der alten Feldabahn unterwegs, zum Beispiel der 1897 gebaute Personenwagen "Erfurt 82", der 1912 gebaute "Erfurt 141" oder der "Erfurt 138" aus dem Jahr 1899. Um aus den Schrotthaufen wieder funktionsfähige Waggons zu machen, bauen die Vereinsmitglieder die fehlenden und nicht erhaltbaren Teile nach. Wenn die Restaurierung abgeschlossen ist, werden oft die Gartenbesitzer eingeladen, die den Wagen als Laube über die Jahre gerettet hatten, und diese sind stets beeindruckt, was aus dem verfallenen Schuppen wieder geworden ist.
Dampfloks, die einst auf Thüringer Schmalspurbahnen schnauften, gibt es nur noch zwei, weiß Ulf Haußen. Eine ist im Harz, die andere in Zittau noch im Dienst, und die dortigen Bahnbetreiber werden sie kaum rausrücken. Die Georgenthaler nennen zwei Diesel-Werkloks und die Reste der 1904 gebauten Borsig-Dampflok 99 7201 ihr Eigen. Letztere stand zuletzt in einem Garten bei Passau, wo sie ein Bahnfreund 1969 als Attraktion abgestellt hatte.
Die Georgenthaler Bahnfreunde wollen weder ihren Standort nebst Museum aufgeben noch Wagen verkaufen, ist von Ulf Haußen zu erfahren. An dem Feldabahnprojekt in der Rhön sind sie dennoch im Rahmen einer Kooperation stark interessiert. Nicht nur, weil es dann endlich wieder eine thüringische Schmalspurbahn geben würde, sondern auch, weil dort einige ihrer liebevoll restaurierten Waggons leihweise unterwegs sein könnten.
Auch Peter Erk sammelt im In- und Ausland Schmalspurbahnwagen. In einem Ilmenauer Werksgelände lässt er sie seit Anfang März von vier angestellten Mitarbeitern professionell aufarbeiten und wieder für den Streckenbetrieb zulassen. Ein alter Personenwagen diente zuletzt zum Beispiel als Hühnerstall. Doch "überlebten" darin sogar die originalen Gepäcknetze, Ofen und Sitzbänke. Insgesamt rund 40 alte Schmalspurbahnwagen will Peter Erk wieder fit machen. Einige davon werden im Vachaer Bahnbetriebswerk abgestellt. Der Ilmenauer kooperiert mit den Bahnern der Interessenvereinigung Verkehrsgeschichte mittleres Werratal.
Dritte Station ist das Schortetal bei Ilmenau. Hier baute Peter Erk seine Feldbahn (600 Millimeter Spurweite) auf, am Schaubergwerk "Volle Rose". Ein guter Ort, um sein Schmalspurbahn-Vorhaben im Feldatal vorzustellen. Diesen Part übernimmt der mit der Planung beauftragte Eisenbahningenieur und Gutachter Rudolf Amthor, Inhaber der Eisenbahn- und Bauplanungs-Gesellschaft Erfurt. Amthor erläutert den teilweisen Wiederaufbau der Feldabahn auf 1000 Millimeter Spurweite (gewöhnliche, regelspurige Schienen liegen 1435 Millimeter voneinander entfernt). Fazit seines Grobkonzepts: Grundsätzlich machbar, doch nicht ohne Behörden-Hürdenlauf. Denn die Strecke ins Feldatal wurde (etwas voreilig) entwidmet und müsste nun wie ein Eisenbahn-Neubau wieder in Betrieb genommen werden. Ernsthafte Schwierigkeiten könnte es mit den Bahnübergängen geben, denn neue Bahnstrecken dürfen laut gesetzlicher Vorgabe Straßen nicht mehr direkt kreuzen. Andererseits queren die betreffenden Übergänge allesamt kleine Dorfstraßen. Lediglich der Dorndorfer Übergang am Stellwerk kreuzt eine Landesstraße, dieser hat aber Bestandsschutz, weil er zugleich an der Bahnstrecke Bad Salzungen-Vacha liegt, die nicht entwidmet ist und wahrscheinlich noch in diesem Jahr den Güterverkehr wieder aufnimmt.
Brücken gut erhalten
Am Bahnhof Dorndorf soll die Schmalspurbahn am Bahnsteig 1 ankommen und abfahren. Ein zweites Gleis zum Lok-Umsetzen ist dort vorgesehen. Die Betriebsstelle ist im Gelände des ehemaligen Bergwerksmaschinenwerks in Dietlas geplant. Dort wäre genügend Platz, um Wagen und Loks abzustellen und zu warten. Die Dampfrösser könnten dort auch Kohle und Wasser nachladen. Entsprechende Einrichtungen hierfür müssten geschaffen werden. Die Brücken an der Strecke seien allesamt in gutem Zustand, berichtet Amthor.
Bürgermeister Ingo Jendrusiak bekundet großes Interesse am Feldabahnprojekt, insbesondere an der Einbindung des leer stehenden Dietlaser Werksgeländes - ein Sorgenkind der Gemeindeväter. Doch müsste dieses Highlight in ein touristisches Gesamtkonzept eingebunden sein. Auch Stadtlengsfeld ist interessiert, verrät Ralf Adam. Der örtliche Bahnhof ist mittlerweile Stadteigentum. Die Kommune würde ihn gerne in eine Pension umbauen und sucht hierfür einen Interessenten. "Das Pensions-Projekt müsste aber in das Bahn-Projekt eingebunden werden", sagt Peter Erk.
Ein "a" mehr im Namen
Endpunkt der Bahn soll Weilar sein. Auch dort ist ein Umsetz-Gleis vorgesehen. Die Schmalspur-Züge werden aus Personenwagen für die Gäste sowie restaurierten Güterwagen als Schauobjekte bestehen, kündigt Erk an. Auf solchen Wagen werden gerne restaurierte Landmaschinen oder Lokomobile mitgeführt, um etwas fürs Auge und Kameraobjektiv zu bieten. Größtes Problem, und daher zuerst abzuklären, sind die Bahnübergänge. Darüber waren sich alle am Tisch einig.
Dass solch eine Bahn durchaus neu entstehen kann, beweist Peter Erks Feldbahn im Schortetal. Als er das Gelände vor einigen Jahren übernahm, lag hier kein Stück Schiene. Inzwischen sind es mehr als fünf Kilometer Gleis, und es wird weitergebaut. Mit dem kommunal betriebenen Schaubergwerk gibt es eine hervorragende Kooperation. Das Besucherinteresse an beiden Attraktionen ist sehr groß. Wer mit Erks Feldbahn durch Wiesen und Wälder rumpelt, entdeckt am Wegesrand neben Naturschönheiten auch so manche technische Attraktion: restaurierte Bergwerksloren und Waggons, aber auch Bahntechnik. Von der abgebauten regelspurigen Feldabahnstrecke fand ebenfalls so manches Souvenir im Schortetal eine Zukunft: eine Lampe von der Kaltennordheimer Ladestraße, Einfahrsignal und Schranke vom Dermbacher Bahnhof und so manche Schiene.
Peter Erk sammelt Kleinlokomotiven. Rund 90 in allen Formen und Traktionsarten hat er bereits zusammen. Unter den bunten Blechverkleidungen tuckern zumeist Dieselmotoren, doch gibt es auch Dampf- und Elektroloks, zum Beispiel eine nagelneue, nach historischem Vorbild nachgebaute Akkulok.
Als die Exkursionsteilnehmer am Nachmittag wieder in ihre Autos steigen, hoffen alle, dass das Schmalspurbahnprojekt in der Rhön Wirklichkeit wird. Einfachste Aufgabe hierbei ist der Name des künftigen Betreibers: Peter Erk würde seine "Feldbahnbetriebsgesellschaft" einfach um ein "a" zur "Feldabahnbetriebsgesellschaft" ergänzen.